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Sorgfältig, detailverliebt – und unbeholfen?

Neu in der Sammlung: ein bemalter Schrank von 1793

Der Schrank hat zwei Türen. Er steht auf einem Sockel. Er ist bunt bemalt. Die Bemalung ist in Felder aufgeteilt. Sie zeigt auch Blüten und Pflanzen.

Frisch eingetroffen: bemalter zweitüriger Schrank, Inv.nr. 22/215; im Museum seit April 2022; freundliche Spende von Elsbeth Engelhardt, München.

Bei manchen Angeboten kann man trotz angespannter Lager- und Depotkapazitäten nicht Nein sagen. Dieser zweitürige, bemalte Schrank ist inschriftlich in das Jahr „1793“ datiert und war vermutlich einst ein Teil der Aussteuer einer „Katharina Eva Hecht“. Er stammt ursprünglich aus dem Raum Leutershausen (Lkr. Ansbach); das genaue Dorf, aus dem die Familie der Vorbesitzerin den Schrank erwarb, ist nicht mehr bekannt.

Doch auch ohne genaue Ortsangabe lässt er sich eindeutig dem Ansbacher Raum zuordnen: Seine Architektur sowie die Art der Bemalung mit gerahmten Feldern und großen Spitzkissen auf den Türen ähneln erinnern stark an weitere Möbel aus dieser Region und diesem Zeitraum, die sich bereits in unserem Bestand befinden. Erfreulich ist der Zustand des Schrankes, der keine großen Alterungs- oder Gebrauchsspuren aufweist. Die ursprüngliche Fassung ist komplett erhalten geblieben, d. h. sie wurde nie übermalt, ergänzt oder „restauriert“ – der dokumentarische Wert des Schranks ist also sehr hoch.

Die Bemalung ist detailverliebt und ausgewogen, alles erscheint durchkomponiert und aufeinander abgestimmt. Die Gliederung und die Ausführung von Feldern (v. a. die plastischen Rahmen) und Pflanzendekor sind sehr sorgfältig. Erst auf den zweiten Blick fällt auf, dass der ausführende Handwerker dann doch nicht bis ins letzte Detail konsequent war: Die schwarzen Zickzacklinien auf dem hellblauen Grund sind unregelmäßig, fast unbeholfen und grob – man betrachte allein die Dreiecke, die sich jeweils oben und unten auf den Türen befinden. Auch die dunkelblauen Kringel sind alles andere als filigran und wirken fast willkürlich mit dem Pinsel aufgedrückt. Was war da los – musste der Schrank unter Zeitdruck fertig werden, hat am Ende noch eine ungeübte Person Hand angelegt? Den Gesamteindruck stört das letztlich kaum, der Schrank war und ist ein Prachtstück.

Da die Häuser im Museumsgelände alle gut ausgestattet sind, wird der Schrank im Möbeldepot verwahrt und wartet darauf, bei nächster Gelegenheit einmal ausgestellt zu werden.