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Bauernhaus aus Gungolding

Altmühlfranken

Das Bauernhaus aus Gungolding (nordöstlich von Eichstätt) wurde 1564 erbaut. Das flachgeneigte Dach mit seiner mächtigen Balkenkonstruktion ist, wie im Altmühltal bis in unser Jahrhundert üblich, mit Kalkplatten gedeckt. Der große, sich über das gesamte Längsschiff erstreckende Stall mit seinem mächtigen Tonnengewölbe und die großzügige Stube und Küche teilen das Haus in zwei Teile links und rechts des langen Haustennen.


Eckdaten

Hausnummer:81
Ursprung:Gungolding, Gemeinde Walting, Landkreis Eichstätt
Bauepoche:1564 (Jahrringdatierung), umgebaut 1736 (Jahrringdatierung)
Ausstellung:Nach 1736
Konstruktionsmethode:Zweigeschossiger Bau mit massivem Erdgeschoss und Fachwerkobergeschoss, Satteldach mit Kalksteindeckung
Abbau:1982
Aufbau:1983-1986
Baugruppe: Altmühlfranken
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Besonderheiten

Das Jurahaus

Der Begriff »Jurahaus« bezeichnet eine historische Hausform, die sich speziell in der Altmühl-Jura-Region entwickelt hat. Das Verbreitungsgebiet umfasst die Landkreise Eichstätt und Weißenburg-Gunzenhausen als Kerngebiete sowie die Ränder der Landkreise Donau-Ries,Neuburg-Schrobenhausen, Roth, Neumarkt, Regensburg und Kelheim. Ihr einmaliges Aussehen erhalten Jurahäuser in erster Linie durch ihr Dach, das mit Kalkplatten (»Legschiefer«) gedeckt ist. Unbefestigt liegen die Platten auf unregelmäßig gespaltenen Rundhölzern (»Harnickel«) auf, die das Abrutschen verhindern. Das Dach muss entsprechend flach geneigt (27–30 Grad) und der Dachstuhl aufgrund des enormen Gewichts der Kalkplatten stark dimensioniert sein. Die Fassade ist klar gegliedert, ohne Vor- und Rücksprünge, Erker oder Balkone. Sie weist oft nur geringe Dachüberstände auf und relativ kleine, meist quadratische Fenster.

 

War bis ins 17. Jahrhundert Fachwerk die dominierende Bauweise, so wurden später viele Gebäude durch Aufmauerung der Wände vollständig »versteinert«. Jurahäuser sind seit dem 12. Jahrhundert belegt und prägten bis in die 1950er Jahre hinein die Altmühlregion. Ab den 1960er Jahren wurde der traditionelle Haustyp zunehmend von konventionellen Neubauten verdrängt. Als Reaktion auf den Abbruch zahlreicher Jurahäuser wurde 1984 in Eichstätt der Jurahausverein gegründet, der sich engagiert und erfolgreich um den Erhalt dieser regionalen Bauweise bemüht.


Beschreibung

Hof des Domkapitels Eichstätt

Die Geschichte des Bauernhofes aus Gungolding, einst im Besitz des Eichstätter Domkapitels, lässt sich sehr weit zurückverfolgen. Schon der Hausname »(beim) Kapitel« verweist auf die früheren Eigentumsverhältnisse. Erstmals um 1270 wird erwähnt, dass das Domkapitel von Eichstätt einen Hof in Gungolding erhält, 1295 einen zweiten. Mit einem ist sicherlich der »Kapitel-Hof« gemeint, denn mehr als zwei Gungoldinger Höfe waren nie im Besitz des Domkapitels, alle anderen waren bischöflich. Ob mit dieser Beziehung zum Domkapitel ein besonderes Ansehen des Hofes verbunden war, ist unklar. Der Verdacht drängt sich aber angesichts der Tatsache auf, dass beim Abbau im unteren Haustennen ein Wandbild entdeckt wurde, dessen Alter zwar umstritten ist (16. oder 18. Jahrhundert?), dessen Darstellung »Christus nach der Auferstehung mit dem Heiligen Grab im Hintergrund« aber auf Eichstätt verweist, da dort in der Kapuzinerkirche bis heute eine romanische Rotunde in Erinnerung an das Grab in Jerusalem zu sehen ist.

 

Neubau mit mittelalterlichem Kern

Die wesentlichsten Bauteile des Wohnstallhauses stammen aus der Bauzeit 1564: das Außenmauerwerk des Erdgeschosses mit der angeputzten Eckquaderung am Südgiebel aus aufgelesenen Feldsteinen, in Teilen das Fachwerk des Obergeschosses (insbesondere des Südgiebels) und das Holzwerk des Daches, jeweils mit den noch nach spätmittelalterlicher Art angeblatteten, z. T. sich überkreuzenden Streben. Die ursprüngliche Gefachfüllung besteht im Südgiebel seit alters aus Backsteinen, ansonsten überall aus Lehmflechtwerk, das jetzt noch in einzelnen Innenwänden original erhalten ist. Im Erdgeschossmauerwerk haben sich indes Teile eines mittelalterlichen Vorgängerbaus erhalten. Auf diesen vermutlich ganz quadratischen Bau (ohne die hintere Zone) weist auch eine später zugesetzte, tieferliegende, leicht spitzbogige Tür in der Wand zwischen Küche und Schafstall hin, die einst in einen gewölbten, leicht eingetieften Keller führte, also in einer Außenwand saß.

 

Umbau 1736/37

Bei einer tiefgreifenden Umgestaltung des Hauses 1736/37 wurde das Lehmgeflecht der Außenwände entfernt, gleichzeitig veränderte man das Fachwerk. Nur die tragenden Säulen wurden beibehalten, während Streben und Riegel neu eingebracht und die Gefache neu mit Bruchsteinen ausgemauert wurden. Die Westwand – ursprünglich im Obergeschoss ebenfalls Fachwerk – wurde nun ganz aus kleinen Lesesteinen hochgemauert. Die Umgestaltung 1736 betraf nicht nur den Wandaufbau, sondern vermutlich auch den Grundriss des Erdgeschosses und hier vor allem die Lage und Größe des Stalles: Hatte er ursprünglich quer in der hinteren Zone des Hauses gelegen, so verlegte man ihn jetzt in das westliche Längsschiff, durchgehend von Giebel zu Giebel, und versah ihn mit einem Tonnengewölbe. Dabei wurde auch die Längswand zum Tennen hin neu aufgemauert. Ursprünglich waren einzelne Holzsäulen eingemauert, so wie sie vom Bestand 1565 her auf der anderen Seite des Tennen z. T. noch vorhanden sind.

 

Im Museum

Beim Abbau 1982 wies das Haus bereits große Bauschäden auf, insbesondere im hinteren Dachbereich, wo ein Teil unter der tonnenschweren Last der Kalkplatten eingestürzt war. Fenster und Innentüren waren größtenteils modern, denn immerhin hatte das Haus noch wenige Jahre zuvor einer Familie als Wohnhaus gedient. Für den Wiederaufbau wurde nicht der letzte, teilmodernisierte und zugleich ruinöse Zustand gewählt, zumal auch keine originale Inneneinrichtung geborgen wurde, aber auch nicht der Zustand von 1565, der in Teilen zu einer freien Rekonstruktion geworden wäre. Maßgebend für den Wiederaufbau war vielmehr die Zeit nach dem Umbau von 1736, folglich wird das Giebelfachwerk unverputzt präsentiert – der vorgefundene Putz stammte vermutlich von ca. 1850.

 

»Deutscher Schlot«

Der alte, offene Rauchfang in der Küche wurde wieder freigelegt (ein Balken ergänzt). Da der Dachstuhl stark vom Ruß geschwärzt ist, lag der Verdacht nahe, es handelte sich ursprünglich um ein Rauchhaus, d. h. ein Haus mit Feuerstellen ohne Rauchabzug. Die eingebauten Hölzer des Rauchfangs wurden aber ebenfalls bereits 1564 gefällt, gehören also zum Ursprungsbau. Möglicherweise ging damals der Schlot über dem Rauchfang nur bis in den Dachraum, aber noch nicht übers Dach hinaus. Spätestens ab dem 18. Jahrhundert war ein vollständiger »Deutscher Schlot« vorhanden, der erst um 1960 abgebrochen und im Museum wieder nach den erhaltenen Spuren eingebaut wurde.

 

Ein kleiner Hof?

Im Jahr 1835 bewirtschaftete Rupert Heidl, der damalige »Kapitelbauer«, rund 55 Tagwerk (etwa 18 ha) Grund, ein nicht allzu üppiger Besitz. Das Haus mit seinen zwei ausgebauten Stockwerken (bereits seit 1565) und einer heizbare Oberen Stube legt dagegen den Verdacht nahe, dass der zugehörige Besitz vor 1835 größer gewesen sein muss. Darauf deuten auch die älteren Archivalien hin. Die einstige Bedeutung spiegelt sich neben dem Alter und der Größe auch im geschilderten Umbau von 1736 wider, der in seiner Tendenz – Beibehaltung von Stube und Küche, Veränderung und Vergrößerung des Stallraumes – kennzeichnend ist und z. B. auch im Seubersdorfer Haus in wesentlich jüngerer Zeit wiederkehrt.

 

Überregionale Tendenzen

Mit dem Seubersdorfer Haus besitzt der Grundriss überhaupt sehr große Ähnlichkeiten. Vergleicht man die ursprüngliche Raumeinteilung im Erdgeschoss in beiden Häusern, so ist zwar die hier giebel und dort traufseitige Erschließung anders, gleich sind aber die Lage der Stube im Südosteck und der Stall an der Nordseite am Ende des nicht durchgehenden Tennens. Diese prinzipielle innere Gleichheit zeigt, wie sehr Mittelfranken und der Altmühlraum von der Bauweise her zusammengehören – trotz der äußerlich gravierenden Unterschiede.


Bilder


Bilder vom Ursprung


Summary (English)

The farmhouse from Gungolding (north-east of Eichstätt) was erected in 1564 and is shown in the state of the early 19th century. More than any other farmyard in the museum, this one from the Mid-Altmühl-Area shows that house and stable are equal buildings, often the stable is even bigger than the house. The two-story building is bricked with chalkstone-boulders on the ground level, whereas the half-timber construction of the upper story is filled in with wattle and doub, quarrystones and bricks. The flatly proned roof with its mighty timber-construction is roofed with chalk-flagstones, as it is usual in the Altmühl valley still in our century. The big stable with its mighty vaulted roof, which spreads over the whole length of the nave and the comfortable parlor and kitchen seperate the house in two parts left and right of the long thrashing floor. Accordingly, the upper story is designed.


Zugänglichkeit

Insgesamt:Note: 1
Ergeschoss ist Barrierefrei:ja

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